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Strassenkinder in Antananarivo erlernen Tischlerhandwerk

Ein Praktikumsbericht von Arne Kübitz
Einleitung · 1. Monat · 2. Monat · 3. Monat · Fazit · 1. Exkursion · 2. Exkursion · Fotos und Links · Zeitungsbericht
Zeitungsbericht vom 10. Februar 2001 aus der Bremervörder Zeitung von Stefan Algermissen

Als deutscher Praktikant im fernen Madagaskar

Arne Kübitz unterrichtete ehemalige Straßenkinder in Sachen Tischlerei

"Man kommt sich vor wie in einem Dokumentarfilm - nur, dass man selber darin rumläuft." Wenn Arne Kübitz von Madagaskar erzählt, merkt man ihm seine Begeisterung für Land und Leute an. Der 25-Jährige Hamburger, der bis vor zwei Jahren in Gnarrenburg wohnte, hat im vergangenen Herbst drei Monate in dem Land vor der Ostküste Afrikas verbracht. Der Tischler lehrte ehemaligen Straßenkindern den Umgang mit Hammer, Hobel und Säge.

Arne Kübitz' Zuneigung zu Madagaskar hat ihre Wurzeln in Hamburg. Im Jahr 1995 lernte der junge Mann in der Hansestadt einige Madagassen kennen. Bereits wenige Monate später, nachdem er seinen Zivildienst beendet hatte, verbrachte Arne einen vierwöchigen Urlaub in der ehemaligen französischen Kolonie - und war begeistert.
Im vergangenen Frühjahr, Arne hatte inzwischen in Bevern eine Ausbildung zum Tischler abgeschlossen, besuchte ihn die Tochter einer befreundeten madagassischen Familie. "Da muss ich mal wieder hin", spukte es dem 25-Jährigen durch den Kopf. Die Idee eines erneuten Madagaskar-Trips war geboren.
Arne setzte sich vor seinen Computer und durchstöberte das Internet nach dem Suchbegriff "Madagaskar". Er stieß auf die Hompage von "Zaza-Faly", einem deutschen Verein, der Ausbildungsprojekte für madagassische Straßenkinder unterstützt. Der Verein suchte Praktikanten, die sich vor Ort um die Ausbildung heimatloser Kinder kümmern sollten.
Die von potentiellen Praktikanten geforderten Fähigkeiten passten zu Arne "wie die Faust auf's Auge" (Kübitz). Sozialpädagogische, kreative und handwerkliche Fähigkeiten sollten die Bewerber ebenso mitbringen, wie Grundkenntnisse in der französischen Sprache - wenn möglich, noch eine Ausbildung zum Zimmermann oder Tischler.
Wie gut für Arne, dass er schon während seiner Jugend im Vorstand des Buchholzer "Stadtjugendring" mitgearbeitet hatte. Dort hatte er Jugendfreizeiten betreut und bei der Ausbildung von Ehrenamtlichen mitgeholfen. Da machte es auch nichts, dass er als Tischler nur wenig Berufserfahrung hat, weil er inzwischen in Hamburg als Krankenpfleger arbeitet.
Die acht madagassischen Jugendlichen,
denen Arne Kübitz den Umgang mit
Hobel, Hammer und Säge lehrte.
"Die suchen ja mich", dachte sich der 25-Jährige und sollte sich nicht täuschen. Nach einem Gespräch mit dem Vereinsvorstand in Berlin wurde ihm ein Praktikum angeboten. Von September bis November 2000 sollte Arne in der madagassischen Hauptstadt Antananarivo in einer Ausbildungswerkstatt für ehemalige Straßenkinder arbeiten.
Arne nahm seinen gesamten Jahresurlaub, legte noch alle Überstunden drauf und stieg ins Flugzeug nach Madagaskar. Von der Situation der dortigen Straßenkinder war er zunächst schockiert: "Sie leben in miserablen Verhältnissen. Die Kinder wachsen ohne jeglichen Besitz auf, leben von der Hand in den Mund."
Um einige von ihnen kümmert sich die Sozialstation "Tsiry" der madagassischen Organisation "ONG Manda". In der Einrichtung können täglich 40 bis 50 Straßenkinder duschen, ihre Kleidung waschen und essen. Ferner erhalten sie Unterricht im Lesen und Schreiben. Die Station und "ONG Manda" werden vom deutschen Verein "Zaz- Faly" finanziell und personell unterstützt.
Arnes Arbeitsplatz sollte eine andere Einrichtung von "ONG Manda" sein: die Ausbildungswerkstatt "Felana". Die Holzwerkstatt wurde gegründet, damit jene Jungen, die im Alter von 16 Jahren die Sozialstation verlassen, nicht gleich wieder auf der Straße landen. Im Zwei-Jahres-Rhythmus können jeweils acht junge Männer den Beruf des Tischlers erlernen.
Drei Monate lang brachte Arne Kübitz
madagassischen Jugendlichen die Arbeit
eines Tischlers näher. Unter seiner
Anleitung bauten die ehemaligen Straßenkinder
eine Wohnung aus. Eines steht für den
Deutschen fest: Er wird wieder an das Land
an der Ostküste Afrikas reisen.
Die Auszubildenden bewohnen zusammmen ein Zimmer im Dachgeschoss eines Werkstattgebäudes. Sie werden von einem Ausbilder betreut, der mit seiner Familie im ersten Stock der Werkstatt wohnt. Ferner kümmern sich eine Köchin, sowie ein Sportlehrer um die Jungen. Und in der Regel für jeweils drei Monate ein Praktikant - im Herbst 2000 Arne Kübitz.
Damit die Jungs nicht auf dumme Gedanken kommen und allzu viel Zeit auf den Straßen von Antananarivo verbringen, werden sie fast rund um die Uhr betreut. Jeder Tag beginnt mit Frühsport, danach wird geduscht und gefrühstückt. Von acht Uhr bis zum Mittag wird Theorieunterricht erteilt. Nach einer zweistündigen Mittagspause ist der Nachmittag der praktischen Ausbildung - und damit der Aufgabe von Arne - vorbehalten. Selbst an den Wochenenden wird Frühsport gemacht. Lediglich der Sonntagnachmittag ist frei.
"Mein größtes Problem war zunächst die Sprachbarriere", berichtet Arne von seiner tägliche Arbeit . "Die Jugendlichen sprachen kaum französisch, sondern fast nur malagasy (sprich: malgasch). Ich hingegen sprach gar kein malagasy und nur holprig französisch." Trotzdem verstand sich der deutsche Praktikant gut mit seinen Schülern: "Sie verstanden auch so, was ich sagen wollte und akzeptierten meine Anweisungen. Ihre anfängliche Schüchternheit legten sie schnell ab und zeigten großes Interesse an mir."
In der Werkstatt der "ONG Manda"
erinnert nur wenig an eine deutsche Tischlerei.
Holztrocknung ist ein Fremdwort. Doch auch
unter diesen Umständen lässt es sich arbeiten.
Während Arne immer besser französisch lernte und sich auch ein wenig malagasy aneignete, konzentrierte sich seine Arbeit auf die Ausbildung der ehemaligen Straßenkinder. An fünf Tagen in der Woche half er morgens beim Theorieunterricht und unterwies die Jugendlichen nachmittags im Umgang mit Hammer, Hobel und Säge. Seine Freizeit verbrachte er meist mit den zwei anderen deutschen Praktikanten oder unternahm an Wochenenden Exkursionen mit den Kindern.
Das Hauptaugenmerk des "Lehrer-Praktikanten" richtete sich jedoch auf die Arbeit. Unter seiner Anleitung und mit seiner Unterstützung bauten die Auszubildenden einen Raum in der Sozialstation "Tsiry" um. Dort sollten zukünftig die Praktikanten aus Deutschland wohnen. "Die umgerechnet 300 Mark, die eine Mietwohnung in der Stadt kostet, sollten lieber für die Kinder zur Verfügung stehen", erklärte Arne die Maßnahme.
Am Ende seines Aufenthaltes war nicht nur die Wohnung für die Praktikanten fertig gestellt, Arne hatte auch viele neue Freunde gefunden. Und der Praktikant aus Deutschland war zu einer wichtigen Erkenntnis gekommen: "Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, daß ich in Madagaskar gewesen bin." Der "Dokumentarfilm" soll fortgesetzt werden...


verschiedene madagassische Motive
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